Dank an Dr. Volker Schrage beim KVWL-Neujahrsempfang
Spelmeyer: „Gemeinsam Versorgung gestalten“
Auch Minister Laumann will „gemeinsam nach Lösungen suchen“

Dortmund, 04.02.2025. – „Wir stecken gerade zwischen den Regierungen“ – damit brachte KVWL-Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Spelmeyer die derzeitige Situation im Gesundheitswesen gleich zu Beginn des Neujahrsempfangs im Dortmunder Ärztehaus auf den Punkt: Krankenhausreform und Entbudgetierung für Hausärzte auf den letzten Metern beschlossen, aber noch nicht umgesetzt – und im Ungewissen, was davon unter einer neuen Bundesregierung Bestand haben und wie ausgestaltet werden wird. Spelmeyer machte für den ambulanten Bereich jedenfalls klar: „Wir wollen mitgestalten!“
Der KV-Chef kündigte für das angebrochene Jahr eine „Konsolidierung und Fokussierung auf die Kernaufgaben“ der Kassenärztlichen Vereinigung an: „Wir werden voll und ganz für unsere Mitglieder da sein und daran arbeiten, gemeinsam und auf Augenhöhe eine sinnvolle ambulante Versorgung in Westfalen-Lippe sicherzustellen und zu gestalten. Das geht nur gemeinsam – sektorenverbindend, oder ganz korrekt ausgedrückt: sektorendurchgängig.“ Spelmeyer unterstrich: „Mit dem Landesgesundheitsministerium leben wir ein gutes Miteinander in vielen Austauschformaten. Das ist wichtig für eine zielführende und sinnvolle Versorgung von Patientinnen und Patienten – wir gestalten hier gemeinsam die Versorgung der Zukunft.“

Kein „Weiter so“ möglich
Dabei könne es ein „Weiter so“ nicht geben: „Die Mittel und Ressourcen werden knapper. Es gibt große Konkurrenz – ambulant wie stationär – um gute Fachkräfte“, sagte Spelmeyer und forderte: „Hier wird künftig mehr denn je Vernetzung, ein schneller und sicherer Austausch von Informationen zu Patientinnen und Patienten und der Wille zum gemeinsamen Lösen von Problemen und Bewältigen von Herausforderungen das Maß aller Dinge sein. Wir wollen gemeinsam gestalten.“ Beispielsweise bei der elektronischen Patientenakte, der „ePA für alle: eine patientengeführte digitale Akte, die deutlich mehr Transparenz für den Patienten und seine eigenen Gesundheitsdaten schafft“, so Spelmeyer. Er rief auf: „Lassen Sie uns stationäre und ambulante Versorgung gemeinsam gestalten und zusammen nach Lösungen suchen!“

„Sie gehören zu unserer Gemeinschaft!“
Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann unterstrich zunächst mit Blick auf die Migrationsdebatte „ganz bewusst nach dieser Woche: Das Gesundheitssystem bei uns in Nordrhein-Westfalen würde nicht mehr funktionieren, wenn wir hier nicht sehr viele Menschen hätten, die nicht in Deutschland geboren sind. Ich bin für jeden Einzelnen, der da ist, sehr, sehr dankbar. Sie gehören zu unserer Gemeinschaft, und ich werde nicht zulassen, dass sie in irgendein schlechtes Licht gerückt werden.“ Dann mahnte auch Laumann angesichts der Herausforderungen im Gesundheitssektor, „vor diesen Problemen nicht den Kopf in den Sand“ zu stecken, sondern nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Die Krankenhausreform in NRW zeige, „dass man eine gewaltige Veränderung im Gesundheitssystem machen kann, ohne sich gegenseitig in die Haare zu kriegen, sondern, wenn es gut vorbereitet ist, es gemeinsam zu machen.“
Zauberwort: Transparenz
Der Minister brach eine Lanze für die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzteschaft und Krankenkassen: Sie sei in der Lage, „über den Tellerrand der eigenen Interessen hinauszuschauen und das Ganze nach vorne zu bringen. Davon brauchen wir mehr in Deutschland.“ Das Zauberwort hierfür heiße Transparenz: „Transparenz bei den Entscheidungen – denn nur durch Transparenz entsteht Vertrauen.“ Die Krankenhausplanung auf Bundesebene müsse den Ländern einen gewissen Spielraum lassen, von Strukturqualitätsvoraussetzungen abweichen zu können, „um die Erreichbarkeit und die Versorgungssicherheit vor allem in den ländlichen Regionen zu gewährleisten.“
Freiberuflichkeit wichtig
Laumann unterstrich: „Wir sollten den Niedergelassenen-Bereich besonders stark in der Freiberuflichkeit lassen. Ich habe nichts gegen Medizinische Versorgungszentren – aber sie sollten ärztlich geführt sein, nicht durch Kapitalgesellschaften.“ Wichtig sei, „dass der Rat an den Patienten von Fachlichkeit geprägt ist und nicht von wirtschaftlichen Beziehungen.“ Eine breite Mittelschicht halte eine Gesellschaft zudem auch in schwierigen Zeiten in der politischen Mitte.
Quartalslogik ablösen
Im Niedergelassenen-Bereich würden im Jahr etwa 50 Milliarden Euro umgesetzt, im Krankenhaus-Sektor rund 100 Milliarden, hinzu komme der Arzneimittel-Bereich. Das seien schon große Anteile der Krankenkassen-Finanzen, deshalb müsse man die Finanzierungsfrage im Blick haben. Die Quartalslogik gehöre abgelöst. Laumann sagte: „Wir müssen die Arztpraxen befreien von Patientenkontakten, die medizinisch nicht unbedingt hier stattfinden müssen.“ Deswegen sei die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach jetzt eingeführte Chroniker-Jahrespauschale gut – dies sei aber nur „eine kleine Schraube, die jetzt gedreht worden ist.“ Weitere Reformen seien nötig.
Entbürokratisierung notwendig
„Sie haben diesen Beruf nicht erwählt, um Bürokraten zu werden!“, rief Laumann der anwesenden Ärzteschaft zu und ergänzte augenzwinkernd: „Wenn Sie das hätten werden wollen, dann könnten Sie ja bei mir in meinem Ministerium arbeiten.“ Er bekräftigte: „Sie sollen sich um die Menschen kümmern und die Bürokratie kleinhalten.“ Weniger Bürokratie spare Geld. Vor dem Erhöhen von Krankenkassenbeiträgen „ist es unser Job, die Wirtschaftlichkeit von Arztpraxen und Apotheken wiederherzustellen, indem wir Synergien nutzen“, sagte Laumann. Er unterstrich: „Steuerung der Patienten, Delegation von Leistungen und Bürokratieabbau – und dann kann man über Vergütungen sprechen, aber bitte in dieser Reihenfolge!“ Es brauche zudem eine gut gemachte Digitalisierung und ein funktionierendes Primärarztsystem.

Dank an Volker Schrage
Schließlich wandte sich Laumann an den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der KVWL, Dr. Volker Schrage, der Ende März aus seinem Amt ausscheidet: „Dankeschön, auch im Namen der Landesregierung! Sie waren und sind bereit, Zukunftsstrukturen zu gestalten. Und das nicht nur hier in der Kassenärztlichen Vereinigung, sondern auch in Ihrer Praxis und bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems in Ihrer Region im Münsterland. Das Gesundheitssystem braucht Menschen wie Sie: ein guter Arzt mit einem vernünftigen Menschenbild, der in der Lage ist, Strukturen so zu gestalten, dass man innovativ arbeiten kann. Das ist Ihnen in besonderer Art und Weise gut gelungen!“. Laumann fuhr fort: „Und das zeigt in Ihrer Person die Richtigkeit unseres Gesundheitssystems: Dass Menschen aus der Praxis für eine gewisse Zeit Verantwortung in der Selbstverwaltung übernehmen.“ Dies könne kein staatliches Gesundheitssystem leisten – wir brauchen keine Bundesagentur für Gesundheit!“
PPK, PA und noch viel mehr
Neben weiteren Weggefährten – darunter der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn per Videobotschaft – dankte auch Dr. Dirk Spelmeyer dem in Kürze scheidenden Vorstandskollegen Dr. Volker Schrage herzlich für seine Arbeit. Schrage habe sich auf Bundesebene insbesondere für die Abrechnung eines Praxis-Patienten-Kontakts (PPK) anstelle des reinen Arztkontakts, für Teampraxen mit Delegation ärztlicher Leistungen an qualifizierte Physician Assistants (PA) und für die Qualitätssicherung ambulanter Leistungen stark gemacht. Dirk Spelmeyer: „Ob Lean-Healthcare, KPQM+, Teampraxis oder Physician Assistant – du bist drangeblieben und hast dich von deinem Weg nicht abbringen lassen. Ich bewundere hier deine Hartnäckigkeit, chapeau!“ Spelmeyer weiter: „Wir reden über deine PPK-Idee mittlerweile mit einer Selbstverständlichkeit, die mir großen Respekt abnötigt. Der Praxis-Patienten-Kontakt wird für eine Entlastung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Versorgung unumgänglich sein.“
Ein Vierteljahrhundert Engagement
Dr. Volker Schrage blickt auf 25 Jahre berufspolitisches Engagement zurück, unter anderem im Hausärzteverband, auf acht Jahre als ehrenamtlicher Vorsitzender der KVWL-Vertreterversammlung und, in den letzten sechs Jahren, als hauptamtlicher KVWL-Vorstand. Volker Schrage wird nun wieder als Hausarzt in seiner Gemeinschaftspraxis in Legden im Münsterland wirken. Er dankte dem Minister, seinen ärztlichen Kollegen und den Mitarbeitenden und rief die Ärzteschaft auf: „Die niedergelassene Ärzteschaft hat eine immense Schlagkraft, wenn sie gemeinsam für ihre Interessen und eine gute Versorgung der Patienten eintritt. Ich kann jedem Kollegen empfehlen, sich berufspolitisch zu engagieren.“ – sk
Pressematerial zum Herunterladen
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Pressemitteilung: Dank an Dr. Volker Schrage beim KVWL-Neujahrsempfang
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Foto 1: Stehende Ovationen für den scheidenden Dr. Volker Schrage (Bildmitte).
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Foto 2: Miteinander sprechen, gemeinsam gestalten: Dr. Dirk Spelmeyer beim Neujahrsempfang der KVWL.
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Foto 3: Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann beim KVWL-Neujahresempfang.
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Foto 4: Minister Laumann bedankt sich beim scheidenden KVWL-Vorstand Dr. Volker Schrage.