Nein, Herr Lauterbach - Impfen gehört immer noch nicht in Apotheken!

Ein Arzt impft eine junge Patientin in den Oberarm
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Dortmund, 25.04.2022. „Den Apothekern fehlt es beim Impfen schlicht an medizinischer Kompetenz.“ Mit diesen scharfen Worten hatte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) im Februar des Jahres den Corona-Impfstart in den nordrhein-westfälischen Apotheken kommentiert. Und vor eben diesem Hintergrund wendet sie sich unverändert scharf gegen eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, mit dem Apothekerinnen und Apotheker berechtigt werden sollen, Grippeschutzimpfungen bei Erwachsenen durchzuführen.

Keine Experimente!

„Es hat sich nichts geändert – und gerade das ist so bedenklich: Impfen funktioniert immer noch nicht im Vorbeigehen und kurze Qualifikationsschulungen der Apotheker sichern immer noch keine medizinischen Fähigkeiten. Darum: Impfen ist kein Experimentierfeld für die Apotheken! Es gehört nach wie vor allein in die Arztpraxen“, präzisiert Dr. Dirk Spelmeyer, Vorstands­vorsitzender der KVWL.

Unklare Entscheidungsgrundlage

Unklar ist, auf welcher Basis die geplante Gesetzgebung entstanden ist: Zwar sind seit 1. März 2020 Modellprojekte zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken gesetzlich möglich, allerdings können bisher keine Zahlen, Daten oder Fakten in die Gesetzgebung einge­flossen sein, da weder die volle Projektlaufzeit von fünf Jahren abgelaufen ist noch belastbares Zahlenmaterial vorliegt.

Lobbyismus?

Thomas Müller, Vorstandsmitglied der KVWL, ist mehr als verwundert: „Gerade vor dem Hintergrund der an sich exzellenten wissenschaftlichen Expertise des Epidemiologen und Bundesgesundheitsministers Prof. Lauterbach ist das Ganze umso unver­ständlicher. Warum werden hier alle Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens missachtet?“ Müller fragt: „Warum wird eine Entscheidung getroffen, ohne das Ende der Projektlaufzeit abzuwarten und die anschließenden Evaluierung des Modellprojekts zu den Influenza-Impfungen in den Apotheken einfließen zu lassen?“ Er wird deutlich: „Wer solche wissenschaftlichen Standards vernachlässigt, muss sich fragen lassen, was die eigentliche Intention ist und inwieweit Lobby-initiierte Imageaspekte eine Rolle gespielt haben könnten.“ 

Rote Linie überschritten

Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorstandsvorsitzer der KVWL, konstatiert: „Hier ist, zum wiederholten Male übrigens, ganz klar eine rote Linie überschritten worden – die Linie zwischen fachpharmazeutischer Beratung und medizinischer Behandlung. Völlig unklar bleibt dabei auch, wer die Versorgungsqualität sichern soll!“ Schrage lässt zudem das Argument niedriger Impfzahlen schlicht nicht gelten: „Medizinisch ausgebildete Teams leisten seit Jahren bei den Grippe-Impfungen und seit Beginn der Pandemie hervorragende Arbeit bei den Corona-Impfungen. Die Zahlen sprechen für sich und sind nur möglich, weil die niedergelassenen Ärzte und ihre Praxisteams dank ihrer Kompetenz ein großes Vertrauen bei den Patientinnen und Patienten genießen“. -akw

KVWL-Pressestelle