VV-Vorsitzender Oeverhaus: „Die Politik muss aufwachen“
Dortmund, 08.11.2022 – Ein herausragendes Zeichen von Geschlossenheit und Kontinuität: Dr. Ulrich Oeverhaus (63) ist am Samstag im Amt des Vorsitzenden der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bestätigt worden. In der konstituierenden Sitzung fiel das Votum der VV-Mitglieder sehr deutlich aus (46-Ja-Stimmen, eine Enthaltung). Im Interview blickt Oeverhaus auf seine bisherige Amtszeit zurück und nennt Ziele für die Zukunft.
Sie haben das Amt des VV-Vorsitzenden am 1. Dezember 2018 übernommen. Wenn Sie auf die vergangenen Jahre zurückblicken: Was waren die wichtigsten Themen?
Oeverhaus: Corona war und ist sicherlich die größte Herausforderung. Was die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit ihren Praxisteams seit Beginn der Pandemie leisten, kann man gar nicht oft genug wertschätzen. An vielen Stellen hat die Pandemie aber auch Probleme noch sichtbarer gemacht, die es gilt anzugehen. Beispielsweise beim Thema Digitalisierung. Um es deutlich zu sagen: Ich bin gegen eine Telematik, die Probleme schafft und für eine digitale Welt, die uns nutzt. Digitale Anwendungen müssen aber zwingend ausgereift sein und eine Erleichterung im Praxis-Alltag bringen.
Was haben Sie sich für die anstehende Amtsperiode vorgenommen?
Oeverhaus: Als Westfale widerstrebt es mir, große Ziele lautstark zu benennen. Wissen Sie, in der VV steht das „Wir“ an der ersten Stelle. Wir werden die wichtigen Themen weiter anpacken und gemeinsam anschieben. Ich möchte an dieser Stelle auch die vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit mit dem Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung würdigen. Diesen Weg, den wir eingeschlagen haben, werden wir fortsetzen. Worum es konkret gehen wird? Wir brauchen mehr Nachwuchs, eine bessere Honorierung für die Versorgung, eine Vergütung der zusätzlichen Kosten für Hygiene, EDV, Telematik, Personal, Energie und Inflation. Und wir brauchen wieder mehr Zeit für die Behandlung des einzelnen Patienten. Und eine Sache ist mir dabei ganz besonders wichtig…
…welche?
Oeverhaus: Wir müssen die Basis bei den vielschichtigen Themen, die wir innerhalb der VV diskutieren, noch stärker mitnehmen. Wir sind schließlich die Vertreter der 16.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Westfalen-Lippe – und ich bin als Vorsitzender der VV nur der verlängerte Arm des Gremiums.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Oeverhaus: Die Politik muss aufwachen. Ich bin es leid, dass unsere Praxisteams nicht als das wahrgenommen werden, was sie sind: nämlich die wichtigste Stütze des deutschen Gesundheitssystems. Das muss bei politischen Entscheidungen wieder mehr Gewicht finden. Bundesgesundheitsminister Lauterbach sollte seinen Kurs ändern, ansonsten führt der Weg des ambulanten Sektors unverzüglich in eine Sackgasse. DM