Wenn die Praxen geschlossen sind: Patientenservice 116 117 – die Notdienst-Hotline in Westfalen-Lippe

Erreichbarkeit verbessert, Wartezeit verringert: Ärztlicher Bereitschaftsdienst erfolgreich neu gestartet

Callcenter-Agent des Patientenservices 116 117
© AnnaStills | Adobe Stock

Dortmund/Westfalen-Lippe, 14.04.2023 – „Notaufnahmen in Not“, „Immer mehr Bagatell-Erkrankungen in Notdienst-Praxen“ – so oder ähnlich lauten in diesen Tagen die Schlagzeilen; die medizinische Notfall-Versorgung ist in aller Munde in Berlin und Düsseldorf, in Münster, Dortmund und im ganzen Land. Da trifft es sich gut, dass die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) den Ärztlichen Bereitschaftsdienst gerade neu organisiert hat. Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Spelmeyer: „Schon nach wenigen Wochen zeigt sich: Das war die richtige Entscheidung.“ – Aber was ist genau ein Notfall und wo rufe ich konkret an, wenn ich akut ärztliche Hilfe oder einen medizinischen Ratschlag brauche?

Wer die 116 117 anruft und den Mitarbeitenden des Patientenservice der KVWL sein dringendes medizinisches Anliegen schildert, ist in guten Händen: „Wir setzen ausschließlich medizinisch geschultes Personal ein“, unterstreicht Spelmeyer. Dabei werden die Mitarbeitenden zusätzlich durch eine Software (SmED) bei der strukturierten medizinischen Ersteinschätzung unterstützt: SmED stellt rund 20 gezielte, individuelle und strukturierte Fragen zum Beschwerdebild. Die Software ermittelt so eine Empfehlung zur Behandlungsdringlichkeit und zum angemessenen Behandlungsort und unterstützt so bei der Entscheidung über die passende Versorgungsebene für den Patienten. „Dabei wird aber keine Diagnose erstellt; das bleibt weiterhin einer ärztlichen Untersuchung vorbehalten“, stellt Spelmeyer heraus.

Zunächst wird dabei geklärt, ob es sich um einen ernsten oder gar lebensbedrohlichen Notfall handelt – in diesem Fall muss die Rettungsleitstelle unter der Notruf-Nummer 112 verständigt werden (siehe Infokasten „Notaufnahme? Ist das wirklich nötig?“). Liegt kein solcher Notfall, sondern „nur“ eine akute Erkrankung vor, vermitteln die KVWL-Mitarbeitenden die jeweils passende ambulante Versorgung.

Lotse im Gesundheitssystem

Aylin Yilmaz lebt erst seit einem Jahr in Deutschland. „Es fühlt sich an wie ein eingeklemmter Nerv“, sagt sie. Die 36-Jährige vermutet angesichts dieser Schmerzen im Rücken eine Blockade, landläufig „Hexenschuss“ genannt. Sie ist froh, dass sie im Gespräch mit der Fachkraft die Empfehlung erhält, die nächstgelegene Ärztliche Notfallpraxis aufzusuchen. „Jetzt weiß ich, was zu tun ist“, strahlt sie.

Otto Walther (87) lebt alleine in seiner Wohnung, ist nicht gut zu Fuß und hat seinen Führerschein schon vor geraumer Zeit abgegeben. „Ich hatte Ostersonntag Kreislauf. Es wurde einfach nicht besser“, erzählt er. Hier schaltet die 116 117-Beraterin die Kollegen des Fahrdienstes ein und vermittelt einen Hausbesuch des Bereitschaftsarztes. Otto Walther: „So konnte ich zuhause bleiben und mir wurde schnell geholfen.“

116 117: Qualität gesteigert

Die Erreichbarkeit der Notdienst-Hotline für Westfalen-Lippe kann sich sehen lassen: Sie lag am Osterwochenende mit insgesamt 11.600 Anrufen bereits bei 89 Prozent, das heißt 10.300 Anrufe konnten angenommen werden (alle Zahlen gerundet). Dabei gab das 116 117-Team an den vier Ostertagen 2.300 telefonische Auskünfte, vermittelte 5.700 Besuche in Notfalldienstpraxen und veranlasste 1.700 Hausbesuche und 400 ärztliche Telefonberatungen sowie 150 Rettungsdiensteinsätze. Die Wartezeit bis zur Annahme des Anrufs hat sich deutlich verringert und lag Ostern bei durchschnittlich zwei Minuten und 17 Sekunden, Tendenz weiter fallend. „Das reicht noch nicht einmal, um in der Warteschleife einen Musiktitel komplett anzuhören“, stellt Dr. Dirk Spelmeyer fest und zieht ein erstes Fazit: „Mit dem Aufbau des eigenen Patientenservice 116 117 ist es uns in kürzester Zeit gelungen, die Qualität dieser Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger entscheidend zu erhöhen.“

Der KVWL-Vorstandsvorsitzende betont: „In der ambulanten Notfallversorgung haben wir gut eingeführte und etablierte Strukturen, die die Patientenversorgung außerhalb der üblichen Praxiszeiten sicherstellen.“ So sind die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Westfalen-Lippe in insgesamt 91 Notfalldienst-Praxen für die Bürgerinnen und Bürger im Einsatz – darunter 63 allgemeine, 21 kinder- und jugendärztliche, vier HNO-ärztliche und drei augenärztliche Notfalldienst-Praxen. Eine Ausweitung der personalintensiven Notfalldienste aber hin zu einer Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit, über die derzeit auf Bundesebene nachgedacht wird, ist aus Sicht der Verantwortlichen in Westfalen-Lippe nicht sinnvoll. Spelmeyer: „Wer im ambulanten Notfalldienst von einer 24/7-Verfügbarkeit redet, muss sich fragen lassen, welche Ärztinnen und Ärzte denn diese Dienste übernehmen sollen.“ – sk

INFO

Weitere Informationen zum ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer des Patientenservice 116 117 (ohne Vorwahl) gibt es hier: www.kvwl.de/notfalldienst

Notaufnahme? Ist das wirklich nötig?

Wer sich unsicher ist, ob mit den Beschwerden eine Notfalldienst-Praxis oder die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchen sollte, ruft die Notdienst-Hotline des KVWL-Patientenservice unter 116 117 an. Speziell geschulte Mitarbeitende geben dann eine fachliche Beratung, was zu tun ist. Dadurch soll eine Überlastung der Notaufnahmen in den Krankenhäusern vermieden werden.

Die KVWL richtet sich mit ihrem Angebot an Bürgerinnen und Bürger, bei denen abends, am Wochenende oder an Feiertagen akute Beschwerden auftreten, deren Behandlung nicht bis zur Öffnung der Arztpraxen warten kann. Der ärztliche Bereitschaftsdienst in den Notfalldienst-Praxen hilft also bei gesundheitlichen Beschwerden, mit denen Patientinnen und Patienten normalerweise in eine Hausarzt- oder Facharztpraxis gehen würden. Typische Fälle für den Bereitschaftsdienst sind: Erkältungskrankheiten, grippale Infekte mit Fieber und Schmerzen, Infektionen von Hals, Nase, Ohren, Magen-Darm-Infekte mit Brechdurchfall, akute Bauchschmerzen, Migräne oder Hexenschuss.

Wichtig: Wer sich in einer akuten, möglicherweise lebensbedrohlichen Notfallsituation befindet oder eine Person bemerkt, auf die dies zutrifft, wendet sich direkt an die Rettungsleitstelle unter der Notruf-Nr. 112. Dazu zählen zum Beispiel schwere Unfälle, Anzeichen für einen Herzinfarkt (starker Brustschmerz, Atemnot, kalter Schweiß), Anzeichen für einen Schlaganfall (Seh- und Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen), Unfälle mit schweren Verletzungen / hohem Blutverlust, Ohnmacht / Bewusstlosigkeit, allergischer Schock (Anaphylaxie), sehr starke/plötzliche Schmerzen, schwere Verbrennungen, Asthmaanfall (anfallsartige Atemnot), Vergiftungen, Ertrinkungs- oder Stromunfälle, Selbstmordversuche oder plötzliche Geburt / Schwangerschaftskomplikationen. Auch wenn man sich nicht sicher ist, ob der Zustand lebensbedrohlich ist oder es noch werden könnte, sollte man die 112 anrufen – und diese Fragen beantworten können: Wo ist etwas geschehen? Was genau ist passiert? Wie viele Personen sind betroffen? Welche Art von Notfall oder Verletzung liegt vor? Dann auf Rückfragen warten.

KVWL-Pressestelle