„Wer würde so ein Angebot nicht annehmen?“ – Programm „Kreis Herford sucht Hausarzt: Mit Praxis zur Praxis“ gestartet

Herford, 1. April 2022. – Endlich ist es soweit! Das gemeinsame Förderprogramm „Kreis Herford sucht Hausarzt: Mit Praxis zur Praxis“ der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und des Kreises Herford geht an den Start. Ab dem 1. April werden mit Gilda Kashian aus Lübbecke und Dr. Zrinka Shameska aus Herford die ersten beiden „Praxismacherinnen“ ein Jahr lang jeweils zwei verschiedene Hausarztpraxen im Kreisgebiet kennenlernen. Anschließend können sie selbst als Hausärztin im Kreis Herford tätig sein.

„Das Förderprogramm ist wie für mich gemacht! Das Beste ist, dass wir Praxismacher ausprobieren dürfen, wie es wäre, eine Hausarztpraxis im Kreis Herford zu haben, ohne uns festlegen zu müssen. Wer würde so ein Angebot nicht annehmen?“, freut sich Dr. Zrinka Shameska.

 Was ist das Hausarzt-Programm genau?

Bereits im Juni 2021 haben die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und der Kreis Herford gemeinsam das Förderprogramm „Kreis Herford sucht Hausarzt: Mit Praxis zur Praxis“ auf den Weg gebracht. Gesucht werden interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ein Jahr lang bis zu zwei verschiedene Hausarztpraxen im Kreisgebiet kennenlernen können. Teil des Programms ist ein begleitendes Weiterbildungsangebot zu verschiedenen praxisrelevanten Themen wie zum Beispiel Betriebswirtschaft, Qualitätsmanagement und Personalführung, das von Expertinnen und Experten der KVWL begleitet wird.

Der Kreis Herford macht den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Rahmen des Programms zudem ein Freizeitangebot, um das Kreisgebiet besser kennenzulernen und den gemeinsamen fachlichen Austausch untereinander zu fördern. Die KVWL zahlt den „Praxismachern“ ein Jahr lang ein attraktives Vollzeitgehalt in Höhe von 7.500 € brutto. Zusätzlich gewährt der Kreis Herford arbeitsvertragliche Zuschüsse für den ÖPNV sowie Umzugskosten. Das „Rundum-Sorglos-Paket“ enthält auch ein Vermittlungsnetzwerk, das die Medizinerinnen und Mediziner bei der Suche nach einer Wohnung, einem Arbeitsplatz für den Partner oder KiTa- und Schulplätzen unterstützt.

„Fördergelder machen aufmerksam, aber wir wollen uns im Rahmen des Programms um alle Lebensbereiche kümmern, sodass sich die angehenden Hausärztinnen und Hausärzte im Kreis Herford wohlfühlen“, erklärt der Landrat des Kreises Herford, Jürgen Müller.

Ziel des Programms ist es, dass die Praxismacherinnen und Praxismacher nach zwölf Monaten fit für die eigene Hausarztpraxis im Kreis Herford sind. Bewerbungen sind zu jeder Zeit möglich. Auch den Startzeitpunkt können die Teilnehmenden in Abstimmung mit den Beteiligten individuell festlegen.

An wen richtet sich das Programm?

Das Programm richtet sich an Mediziner*innen, die ihre Weiterbildung zur Fachärztin/zum Facharzt für Allgemeinmedizin oder Innerer Medizin abgeschlossen haben und mit dem Gedanken spielen, sich mit einer eigenen Hausarztpraxis niederzulassen. Hierzu können Internist*innen aus dem stationären Bereich sowie Berufseinsteiger*innen zählen.

 Wer sind die ersten Praxismacherinnen?

Dr. Zrinka Shameska wird ab dem 1. April ein halbes Jahr in der Praxis von Dr. Bruno Weil und Kyra Weil in Bünde arbeiten und anschließend für ein weiteres halbes Jahr in eine zweite etablierte Praxis wechseln. „Es ist mein Traum, eine Hausarztpraxis zu haben. Trotzdem habe ich auch etwas Angst - zum Beispiel vor den Abrechnungen“, sagt sie. Das Programm schenkt ihr und den anderen Praxismachern Zeit, alles zu lernen. Rund eineinhalb Jahre lang hat sie nicht gearbeitet, sondern war zu Hause bei den zwei Kindern. Und die sind auch der Grund, warum sie sich nicht mehr als Ärztin in einer Klinik, sondern in einer Praxis sieht.

Eine Klinik sei nicht familienfreundlich, kommentiert auch Praxismacherin Gilda Kashian. Sie ist ebenfalls Praxismacherin und wird nun für ein Jahr im Kreis Herford arbeiten. Sie ist verheiratet und hat ein fünfjähriges Kind. Und noch etwas überzeugt Gilda Kashian vom Dasein als Hausärztin: Das breite Spektrum der Allgemeinmedizin. „Ich sehe den ganzen Patienten“. Genau das ist es, was Praxismacherin Gilda Kashian in ihrem früheren Klinikjob vermisst hat. „Ich hatte viele Momente, in denen ich mich gefragt habe: Wie ging die Geschichte für eine bestimmte Patientin oder einen Patienten weiter? Es war, als hätte ich nur den Vorspann eines Films sehen dürfen, nicht den ganzen Film“. Als Hausärztin wird sie viele Menschen ein ganzes Leben lang begleiten dürfen.

„Dieses Projekt ist deutschlandweit einzigartig“

„Die hausärztliche Versorgung ist ein zentraler Baustein der kommunalen Daseinsvorsorge. Und die möchten wir bei uns im Kreis Herford langfristig sichern. Das gehen wir seit längerer Zeit konsequent an“, so Jürgen Müller, Landrat des Kreises Herford. „Mit dem neuen Nachwuchs-Programm möchten wir junge Ärztinnen und Ärzte für unseren Kreis gewinnen und ihnen attraktive Perspektiven aufzeigen. Sie können bei uns wichtige berufspraktische Erfahrungen sammeln, Kooperationsformen kennenlernen und die berufliche Zukunft planen. Nicht zuletzt ist der Kreis Herford grundsätzlich sehr lebenswert. Wir sind ein Ballungsraum mit Landluft. Perfekt für junge Familien“.

KVWL-Vorstand Dr. Volker Schrage freut sich, dass die KVWL und der Kreis Herford bei der hausärztlichen Versorgung in der Region gemeinsam an einem Strang ziehen: „Nur wenn alle Akteure eng und kooperativ zusammenarbeiten, kann es gelingen, die ärztliche Versorgung, vor allem in ländlichen Regionen, langfristig zu sichern. Dieses Projekt ist im Moment in Nordrhein-Westfalen einzigartig, und ich bin stolz, dass der Kreis Herford und die KVWL hier eine Vorreiterrolle einnehmen“. Die KVWL unterstützt das Projekt mit einer Fördersumme in Höhe von insgesamt rund 450.000 Euro.

Auch Dr. Hermann Lorenz, Hausarzt und KVWL-Bezirksstellenleiter, zeigt sich überzeugt vom Herforder Modellprojekt: „Das Nachwuchsprogramm erleichtert jungen Hausärztinnen und Hausärzten den Einstieg in den Hausarztberuf enorm. Außerdem erfahren sie so aus erster Hand, dass der Hausarztberuf viel mehr zu bieten hat und abwechslungsreicher ist, als mancher glaubt“, so Dr. Lorenz, und ergänzt: „Man kann im Kreis Herford gut arbeiten, gut leben und gutes Geld verdienen. Die Work-Life-Balance hier ist sehr positiv“.

Das Hausarztprogramm „Mit Praxis zur Praxis“ auf einen Blick:

Wer?   Ärzt*innen, die noch nicht (oder 3 Jahre durchgehend nicht) ambulant in Westfalen-Lippe tätig waren
Was?   12 Monate lang zwei Hausarztpraxen kennenlernen (je 6 Monate), Einblicke und Anleitung zur Übernahme hausärztlicher Niederlassung
Ziel?   Praxisübernahme / Kooperation, dauerhafte Tätigkeit im Kreis Herford
Beginn?   ab 01.04.2022, Start jederzeit möglich
Umfang?   gerne Vollzeit, aber auch Teilzeit ist möglich
Bruttogehalt?   7.500,- € monatlich, weitere Zuschüsse sind möglich
Voraussetzungen?    abgeschlossene hausärztliche Facharztausbildung, Arztregistereintragung, maximal 55 Jahre alt

Kreis Herford gilt als unterversorgtes Gebiet

Der Kreis Herford zählt in NRW zu den unterversorgtesten Gebieten bezüglich der hausärztlichen Versorgung. So wurden in den vergangenen Jahren im Rahmen des Maßnahmenpaketes zur Verbesserung der hausärztlichen Versorgung im Kreisgebiet bereits einige Maßnahmen auf den Weg gebracht und umgesetzt. Dazu zählen etwa die Richtlinie zur Förderung der Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten, das gemeinsame Förderprogramm mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) sowie neuerdings eine Richtlinie zur Nachwuchsförderung von Medizinstudierenden im Kreis Herford.

Weitere Informationen:
Weitere Infos zum Nachwuchsprogramm für die „Praxismacher“ – auch zur Bewerbung – gibt es auf der Internetseite des Kreises Herford unter www.kreis-herford.de/hausarztherford und bei der KVWL auf der Themenseite

 

 

KVWL-Pressestelle