Bedarfsplanung
für Westfalen-Lippe
Die Bedarfsplanung legt fest, wie viele Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten für eine Stadt, einen Kreis oder eine Region benötigt werden. Sie soll eine ausreichende flächendeckende Versorgung mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten gewährleisten sowie eine Fehlversorgung vermeiden. Die Bedarfsplanung ist das entscheidende Instrument zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung.
Grundlage der Bedarfsplanung ist die Bedarfsplanungs-Richtlinie, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erlassen wird. Der G-BA ist das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und -ärzten, Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Es ist die Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie in konkrete Bedarfspläne einfließen zu lassen (§ 99 SGB V).
Insgesamt werden auf Basis der Bedarfsplanung 22 Arztgruppen in vier verschiedenen Versorgungsebenen zusammengefasst:
- Hausärztliche Versorgung
- Allgemeine fachärztliche Versorgung mit neun Arztgruppen inkl. Psychotherapie (Augenärzte, Chirurgen und Orthopäden, Frauenärzte, HNO-Ärzte, Hautärzte, Kinderärzte, Nervenärzte, Urologen, Psychotherapeuten)
- Spezialisierte fachärztliche Versorgung mit vier Arztgruppen (Anästhesisten, Fachinternisten, Kinder- und Jugendpsychiater, Radiologen)
- Gesonderte fachärztliche Versorgung mit acht Arztgruppen (Humangenetiker, Laborärzte, Neurochirurgen, Nuklearmediziner, Pathologen, Physikalische- und Rehabilitations-Mediziner, Strahlentherapeuten und Transfusionsmediziner)
Jede Versorgungsebene hat ihren eigenen Planungsbereichstyp:
- Hausärztliche Versorgung: Mittelbereich (Gemeinde, Zusammenschluss von Gemeinden, kreisfreie Stadt)
- Allgemeine fachärztliche Versorgung inkl. Psychotherapie: Kreis oder kreisfreie Stadt
- Spezialisierte fachärztliche Versorgung: Raumordnungsregion (mehrere Kreise und/oder kreisfreie Städte)
- Gesonderte fachärztliche Versorgung: Westfalen-Lippe
Der G-BA legt für jedes Fachgebiet Verhältniszahlen fest, wie viele Einwohner je Ärztin/Arzt bzw. Psychotherapeutin/Psychotherapeut in einem Planungsbereich zu versorgen sind. Diese Basis-Verhältniszahlen werden in einem zweiten Schritt durch regionale Einflussfaktoren wie die demografische Entwicklung, die Geschlechterverteilung und die Morbidität der Bevölkerung für die einzelnen Planungsbereichen angepasst. Die Verhältniszahlen bilden die Grundlage für die Berechnung des Versorgungsgrades und somit auch für die Feststellung von „Überversorgung“ oder „Unterversorgung“.
Die Basis-Verhältniszahl für die hausärztliche Versorgung beträgt 1.607 Einwohner je Arzt/Ärztin (gemäß § 11 Abs. 4 der Bedarfsplanungs-Richtlinie).
Die allgemeinen Verhältniszahlen für die Fachgruppen der allgemeinen fachärztlichen Versorgung werden anhand von sechs Kreistypen untergliedert (stark mitversorgend – Dualversorgung – stark mitversorgt – mitversorgt – eigenversorgt – polyzentrischer Verflechtungsraum). Auf diese Weise werden die funktionalen Mitversorgungsbeziehungen der Regionen untereinander abgebildet. Dementsprechend wird mitversorgten Kreisen eine geringere Arztdichte, den mitversorgenden Kreisen eine höhere Arztdichte zugebilligt.
Überversorgung und Unterversorgung
Stimmt die Relation von Ärztinnen/Ärzten, Psychotherapeutinnen/-therapeuten und Patientinnen/Patienten in einer Region mit der gesetzlichen Vorgabe überein, so beträgt der Versorgungsgrad genau 100 Prozent. Ab einem Versorgungsgrad von 75 Prozent (hausärztliche Versorgung) bzw. 50 Prozent (fachärztliche Versorgung inkl. Psychotherapie) wird geprüft, ob eine Unterversorgung besteht oder droht. Eine Überversorgung wird im Allgemeinen ab einem Versorgungsgrad von 110 Prozent ausgewiesen. Der Planungsbereich wird dann für Neuzulassungen gesperrt.
Landesausschuss
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Westfalen-Lippe stellt zwei Mal im Jahr Beschlüsse über Zulassungssperren, deren Aufhebung, zu einer möglichen Unterversorgung und weiteren Themen fest. Unter den Amtliche Bekanntmachungen finden Sie die aktuellsten Beschlüsse des Landesausschusses.
Wichtige Dokumente zum Download
Wichtige Begriffe in der Bedarfsplanung
Der Morbiditätsfaktor sorgt dafür, dass eine veränderte Morbidität der Bevölkerung im Zeitverlauf und im regionalen Vergleich zu einer Anpassung der Verhältniszahlen und damit des Versorgungsniveaus führt. Maßgeblich für die Anpassungen sind die mit der Morbiditätsstruktur einhergehenden unterschiedlichen Versorgungsbedarfe, gemessen an der tatsächlichen Inanspruchnahme der verschiedenen Morbiditätsgruppen pro Arztgruppe. Bei der regelmäßigen Festlegung der Verhältniszahlen wird zunächst in einem ersten Schritt die bundesweite demografische Entwicklung im Zeitverlauf berücksichtigt. Ergebnis sind die Allgemeinen Verhältniszahlen.
In einem zweiten Schritt werden dann die Allgemeinen Verhältniszahlen anhand der regionalen Morbiditätsstruktur (Alter, Geschlecht, Morbiditätsgrad) angepasst. Die Anpassung der Allgemeinen Verhältniszahlen erfolgt mit regionalen Verteilungsfaktoren und ergibt die regionalen Verhältniszahlen. In Regionen mit einer überdurchschnittlich morbiden Bevölkerung wird hierdurch ein höheres Versorgungsniveau (mehr Ärzte) sichergestellt (Wert kleiner 0), überdurchschnittlich gesunde Regionen bekommen weniger Ärzte (Wert größer 0). Die Aktualisierung der regionalen Verteilungsfaktoren erfolgt alle zwei Jahre.
Es gibt eine Quotenregelung für die Gruppe der Psychotherapeutinnen und -therapeuten sowie für die Arztgruppen der Nervenärzte sowie der fachärztlichen Internisten. Bei den Nervenärzten soll die Quotenregelung eine ausgeglichene Versorgungslandschaft zwischen Neurologen und Psychiatern regeln.
Bei den fachärztlichen Internisten gibt es eine Minimalquote für die Schwerpunktträger Rheumatologie, deren Anzahl und Anteil innerhalb der Fachinternisten permanent abnimmt. Dem gegenüber werden für die Schwerpunktträger Kardiologie, Gastroenterologie, Pneumologie und Nephrologie Maximalquoten eingeführt, über die hinaus kein weiterer Schwerpunktträger dieser Gruppe mehr in einem Planungsbereich zusätzlich zugelassen werden kann.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zum 1. Januar 2018 beschlossen, dass die allgemeinen Verhältniszahlen für alle Arztgruppen und Planungsbereiche, die im Verbandsgebiet des RVR (Regionalverband Ruhr) liegen, auf das bundesweit einheitliche Niveau angepasst werden sollen. Dazu ist bei den Hausärzten ein Übergangszeitraum von zehn Jahren vorgesehen. Zuvor war die allgemeine Verhältniszahl im Ruhrgebiet deutlich niedriger, was in der Vergangenheit mit dem Ruhrgebiet als Ballungsraum begründet wurde. Eine hohe Anzahl an (Groß-)Städten mit hohen Einwohnerzahlen auf engstem Raum, also ein städtisch hoch verdichtetes Gebiet. Diese Begründung wurde zum 1. Januar 2018 verworfen, um eine Benachteiligung der im Ruhrgebiet lebenden Bevölkerung auszugleichen.
Warum sollten im Ruhrgebiet weniger Ärzte für die gleiche Anzahl an Menschen zur Verfügung stehen als anderswo in Nordrhein-Westfalen bzw. Deutschland? Die allgemeine Verhältniszahl der Hausärzte wird nun schrittweise alle zwei Jahre angepasst, bis im Jahr 2028 das bundeseinheitliche Niveau erreicht wird. Für die allgemeine fachärztliche Versorgung wurde ein neuer Kreistyp eingeführt, der polyzentrische Verflechtungsraum, welcher sich zum einen näher an den Bundesvorgaben orientiert, aber trotzdem die besondere hochverdichtet-städtische Situation des Ruhrgebiets mit einbezieht.