Hybrid-DRG
Hybrid-DRG sicher und verlässlich abrechnen
Zum 1. Januar 2024 ist die Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) über eine spezielle sektorengleiche Vergütung (Hybrid-DRG-Verordnung) nach § 115f SGB V in Kraft getreten. Ziel der Verordnung ist es, die Ambulantisierung operativer Eingriffe, die bisher stationär erbracht wurden, zu fördern.
Für die Abrechnungsmodalitäten wurde Anfang März rückwirkend zum 1. Januar 2024 zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband eine entsprechende Vereinbarung geschlossen. Sie besagt: Für das Kalenderjahr 2024 gilt eine Übergangsregelung, die die Abrechnung der Hybrid-DRG als Symbolnummern (SNR/SNRN) über die Quartalsabrechnung vorsieht. Ab dem 1. Januar 2025 soll dann das eigentliche Abrechnungsverfahren durchgeführt werden: der elektronische Datenaustausch nach §295 Absatz 1 Satz 1 SGB V.
Für Sie bedeutet das: Während der Übergangsregelung können Sie den herkömmlichen Abrechnungsweg (KVDT) nutzen und alle Eingriffe nach § 115f SGB V, die Sie in diesem Jahr durchführen, mit der Quartalsabrechnung auf dem üblichen elektronischen Weg mit Ihrer KVWL abrechnen.
Was gilt für das Übergangsjahr 2024?
Damit die KVWL die Abrechnung übernehmen kann, müssen Sie uns beauftragen. Bitte nehmen Sie zur Beauftragung per E-Mail mit uns Kontakt auf, wir stellen Ihnen die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung. Senden Sie Ihre Mail bitte an: hybrid-drgs@kvwl.de.
Darüber hinaus müssen Sie über eine Genehmigung zum ambulanten Operieren gemäß § 135 Abs. 2 SGB V verfügen.
Neben Ihrem normalen Praxisverwaltungssystem benötigen Sie zur Abrechnung der Hybrid-DRG einen sogenannten Grouper. Dabei handelt es sich um ein Software-Programm, das auf Basis verschiedener Parameter wie durchgeführter Prozeduren, Komorbiditäten, Geschlecht und Alter des Patienten eine Fallgruppenzuordnung vornimmt und eine fallindividuelle Bestimmung der DRG für die Abrechnung ermöglicht.
Sofern eine Beauftragung (s. "Welche Voraussetzung muss ich erfüllen?") der KVWL erfolgt, stellen wir Ihnen in unserem Mitgliederportal ab sofort einen Grouper zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung.
Hier finden Sie eine Anleitung zur Befüllung des Groupers.
Zunächst stehen Ihnen auf Basis der Hybrid-DRG-Verordnung 12 Hybrid-DRG aus den Leistungsbereichen bestimmter Hernien-Eingriffe, der Entfernung von Harnleitersteinen, Ovariektomien, Arthrodesen der Zehengelenke und der Exzision eines Sinus pilonidalis zur Verfügung.
Wenn Sie einen Eingriff aus den genannten Leistungsbereichen vorgenommen haben, lassen Sie die Grouper-Software durch Eingabe des Alters, des Geschlechts der operierten Person, der OPS-Kodes (aus Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung) und der ICD-10-Kodes der Haupt- und Nebendiagnosen eine Hybrid-DRG ermitteln. Gegebenenfalls sind weitere Angaben einzutragen.
Löst der Grouper eine Fallpauschale aus, kann der Eingriff mit der Hybrid-DRG über die neuen Symbolnummern abgerechnet werden:
GOP | Bezeichnung der Hybrid-DRG | Bewertung in Euro |
83001 | G09N - Beidseitige Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter > 55 Jahre o. komplexe Herniotomien o. Operation einer Hydrocele testis o. andere kleine Eingriffe an Dünn- und Dickdarm | 2.021,82 |
83002 | G24N - Eingriffe bei Hernien ohne plastische Rekonstruktion der Bauchwand, mit beidseitigem oder komplexem Eingriff o. Alter < 14 Jahre mit äußerst schweren o. schweren CC | 1.965,05 |
83003 | G24M - Eingriffe bei Hernien ohne plastische Rekonstruktion der Bauchwand, ohne beidseitigen Eingriff, ohne komplexen Eingriff, Alter > 13 Jahre o. ohne äußerst schwere o. schwere CC | 1.653,41 |
83004 | I20N - Andere Eingriffe am Fuß ohne chronische Polyarthritis o. Diabetes Mellitus mit Komplikationen o. Alter < 16 Jahre | 1.072,95 |
83005 | I20M - Eingriffe am Fuß ohne komplexe Eingriffe o. komplizierende Faktoren, Alter > 15 Jahre | 909,25 |
83006 | J09N - Eingriffe bei Sinus pilonidalis und perianal, Alter > 15 Jahre | 1.038,17 |
83007 | L17N - Andere Eingriffe an der Urethra außer bei Para- / Tetraplegie, kleine Eingriffe an den Harnorganen, ohne bestimmte Eingriffe an der Urethra, Alter > 15 Jahre | 1.189,09 |
83008 | L20N - Transurethrale Eingriffe außer Prostataresektion und komplexe Ureterorenoskopien o. bestimmte Eingriffe an den Harnorganen, ohne äußerst schwere CC o. Alter < 16 Jahre o. Alter > 89 Jahre | 1.791,58 |
83009 | L20M - Transurethrale Eingriffe außer Prostataresektion und komplexe Ureterorenoskopien o. bestimmte Eingriffe an den Harnorganen, ohne äußerst schwere CC o. Alter > 15 Jahre o. Alter < 90 Jahre | 1.412,05 |
83010 | N05N - Ovariektomien und komplexe Eingriffe an den Tubae uterinae außer bei bösartiger Neubildung, ohne äußerst schwere o. schwere CC o. anderer Eingriff an der Harnblase o. Adhäsiolyse, Alter > 15 Jahre | 1.554,58 |
83011 | N07N - Andere Eingriffe an Uterus und Adnexen o. bestimmten Hernien außer bei bösartiger Neubildung, mit komplexer Diagnose o. bestimmte Eingriffe am Uterus o. kleine rekonstruktive Eingriffe an den weiblichen Geschlechtsorganen, mit bestimmtem Eingriff | 1.587,73 |
83012 | N25N - Andere Eingriffe an Uterus und Adnexen o. bestimmten Hernien außer bei bösartiger Neubildung, ohne komplexe Diagnose o. andere kleine Eingriffe an den weiblichen Geschlechtsorganen, Alter > 13 Jahre | 1.458,20 |
Ein 53-jähriger gesunder Mann ohne Nebendiagnosen hat Beschwerden bei einer linksseitigen Inguinalhernie. Der Patient bekommt einen einseitigen Hernienverschluss, offen chirurgisch, ohne weitere Maßnahmen.
Diese Basisinformationen geben Sie in den Grouper ein:
- Diagnosen (ICD-10): K40.90 L - Hernia inguinalis, einseitig oder ohne Seitenangabe, ohne Einklemmung und ohne Gangrän: Nicht als Rezidivhernie bezeichnet
- Durchgeführte Prozeduren (OPS-Code): 5-530.03 L - Verschluss einer Hernia inguinalis: Offen chirurgisch, ohne plastischen Bruchpfortenverschluss: Ohne weitere Maßnahmen
Ergebnis:
Mit diesen Angaben wird vom Grouper die Hybrid-DRG G24M ermittelt („Eingriffe bei Hernien ohne plastische Rekonstruktion der Bauchwand, ohne beidseitigen Eingriff, ohne komplexen Eingriff, Alter > 13 Jahre o. ohne äußerst schwere o. schwere CC“). Die Symbolnummer zur G24M lautet 83003.
Ergibt sich wie in dem Beispiel dargestellt eine Hybrid-DRG, geben Sie die entsprechende neue Symbolnummer (s. o.) in Ihre Abrechnung ein. Weiterhin sind auch der OPS-Code und der ICD-10-GM wie gewohnt einzutragen.
Wichtig: Zusätzlich geben Sie zur SNR die Hauptdiagnose, die Sie zuvor im Grouper verwendet haben, als Begründung (Feldkennung 5009) in Ihrer Abrechnung im Format #H_ICD-10-GM# (Beispiel: #H_K40.00#) an.
Haus- und Fachärzte können prä- und postoperative Leistungen auch bei ambulanten Operationen nach der Hybrid-DRG-Verordnung über den EBM abrechnen. Die Regelung gilt rückwirkend ab 1. Januar und ist vorerst auf ein Jahr befristet.
Die Hybrid-DRG, die das OP-Team abrechnet, umfasst alle Untersuchungen und Behandlungen, die im unmittelbaren Kontext der Operation in der Einrichtung durchgeführt werden, die den Eingriff vornimmt. Dies reicht von der Operationsvorbereitung bis zur postoperativen Überwachung beziehungsweise Nachbeobachtung. Voruntersuchungen und auch Nachsorgen sind grundsätzlich nicht von der Hybrid-DRG umfasst.
Präoperative Untersuchungen
Die Gebührenordnungspositionen (GOP) sind dieselben wie bei anderen ambulanten Eingriffen. Präoperative Untersuchungen rechnen Hausärzte sowie Kinder- und Jugendärzte nach den GOP 31010 bis 31013 aus dem Unterabschnitt 31.1.2 des EBM ab. Voraussetzung ist, dass die Leistungen außerhalb der Einrichtung durchgeführt werden, in der die Operation erfolgt.
Postoperative Behandlung
Für die postoperative Behandlung stehen die GOP der Abschnitte 31.4.2 und 31.4.3 des EBM zur Verfügung. Welche GOP des Abschnitts 31.4.3 jeweils die zutreffende ist, richtet sich nach dem OPS-Kode des durchgeführten Eingriffs (Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung) und dessen Zuordnung gemäß Anhang 2 des EBM.
Achtung: Eine Besonderheit gilt, wenn dieser OPS-Kode aus Anlage 1 der Hybrid-DRG-Verordnung nicht im Anhang 2 des EBM enthalten ist. Der Operateur gibt dann die GOP 31611 in seiner Abrechnung an. Übernimmt auf dessen Überweisung ein anderer Facharzt die postoperative Behandlung, rechnet dieser die GOP 31610 ab, Haus- sowie Kinder- und Jugendärzte die GOP 31600. In allen drei Fällen fügen Ärzte die GOP 88110 hinzu.
Haus- und Fachärzte können die postoperative Behandlung auch übernehmen und nach EBM abrechnen, wenn der ambulante Eingriff in einem Krankenhaus erfolgt ist. In diesem Fall benötigt der Patient keine Überweisung.
... zum Grouper
- Eine Angabe der Zusatzkennzeichen für die Diagnosesicherheit zum ICD-10-GM ist nicht erforderlich.
- Bei Operationen an paarigen Organen ist die Angabe der Zusatzkennzeichen für die Seitenangabe am OPS-Kode verpflichtend.
- Als Verweildauer ist stets 1 festzulegen, um nach derzeitiger Festlegung einn Hybrid-DRG zu erreichen.
- Gruppierungsrelevante Kriterien können auch unter anderem weitere Erkrankungen und/oder gleichzeitig durchgeführte Eingriffe sein.
- Wir empfehlen zu Dokumentationszwecken eine Kopie der Eingaben und ermittelten Hybrid-DRG als PDF oder in einem anderen Format abzulegen.
...zur Abrechnung
- Grundsätzlich gilt: Eine Hybrid-DRG ist für die gesamte Dauer der erbrachten Leistungen insgesamt einmal berechnungsfähig. Die Durchführung der Leistungen nach einer Hybrid-DRG an demselben Versicherten zulasten derselben Krankenkasse ist ein Hybrid-DRG-Abrechnungsfall (s. § 2 der Abrechnungsvereinbarung)! Daher empfehlen wir Ihnen z. B. als Belegarzt vor der Leistungserbringung schriftlich zu vereinbaren, wer die Hybrid-DRG abrechnet. Kooperieren Sie in einem Hybrid-DRG-Abrechnungsfall mit anderen Ärzten, z. B. einem Anästhesisten, ist die Aufteilung der Vergütung im Innenverhältnis festzulegen.
- Mit der Abrechnung der SNR für die Hybrid-DRG sind alle unmittelbar mit der Operation verbundenen ärztlichen Leistungen abgegolten. Darunter fallen im Hybrid-DRG-Abrechnungsfall auch die Anästhesie (einschl. Grundpauschale), Sachkosten, perioper-ative Laborleistungen einschließlich pathologischer Leistungen und radiologische Leistungen, die intraoperativ bzw. unmittelbar postoperativ erforderlich sind. Auch für den Operateur sind am Tag der Operation bzw. an den beiden Tagen der Operation keine Leistungen nach EBM zusätzlich berechnungsfähig.
- Nicht in der Vergütung der Hybrid-DRG enthalten sind prä- und postoperative Leistungen, die regelhaft nicht am Tag der Operation bzw. außerhalb der Einrichtung, in der die Operation durchgeführt wird, stattfinden. Der Sprechstundenbedarf ist ebenfalls nicht enthalten.
Bitte beachten Sie: Sollten Sie die neuen Symbolnummern zurzeit noch nicht in Ihrem Praxisverwaltungssystem (PVS) eingeben können, bitten wir Sie, diese selbst anzulegen. Haben Sie hierzu Fragen, wenden Sie sich bitte an den Softwareanbieter Ihres PVS. Ab dem 2. Quartal 2024 werden diese Symbolnummern über ein Update in Ihrer Software verfügbar sein.
Die Krankenkassen werden ein besonderes Augenmerk auf die Abrechnung der Hybrid-DRG legen. Seien Sie deshalb besonders sorgfältig! Eine fehlende oder falsche Angabe kann zur Streichung der Leistung seitens der Krankenkassen führen.
So geht's:
Geben Sie die Hauptdiagnose (ICD-Code), die den Eingriff begründet, im freien Begründungstext des GOP (Feld 5009) an. Es ist folgendes Format zu verwenden: #H_ICD-SCHLÜSSEL# (Beispiel: #H_K40.00#) Das „H_“ vor dem ICD-10-Schlüssel ist zwingend anzugeben!
Beispiel: GOP 83001 (5-530.00) (#H_K40.00#)
Weitere Hinweise finden Sie auch in unserem ausführlichen Abrechnungsleitfaden.
Wie geht es 2025 weiter?
Schon jetzt sind zwei Dinge klar:
- 2025 wird es einen deutlich erweiterten Leistungskatalog geben. Die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband haben sich auf etwa 100 weitere Eingriffe aus sieben Leistungsbereichen geeinigt, die ab dem kommenden Jahr mit den neuen Fallpauschalen vergütet werden. Dabei handelt es sich um Eingriffe am Schlüsselbein, operative Behandlungen von Analfisteln, brusterhaltende Operationen bei kleineren Tumoren, Eingriffe an Hoden und Nebenhoden sowie endoskopische Untersuchungen beziehungsweise Interventionen an Pankreas, Leber und Galle. Darüber hinaus kommen einige weitere OPS-Kodes der Hernienchirurgie und der Operationen am Sinus pilonidalis hinzu.
Den ab 2025 geltenden OPS-Katalog können Sie schon jetzt in der Hybrid-DRG-Vereinbarung einsehen.
- Die Abrechnung wird ab dem 1. Januar 2025 anders erfolgen als in der aktuellen Übergangsphase.
Wie sich das Verfahren gestaltet, ist in der Vereinbarung zwischen KBV und GKV-Spitzenverband bereits skizziert. So werden Ärzte dann unter anderem ihre Abrechnung jederzeit einreichen können; und die Krankenkassen müssen diese Rechnungen dann innerhalb von 21 Tagen begleichen, vorrausgesetzt sie haben an der Abrechnung nichts zu beanstanden.
Wichtig für Sie: Auch wenn sich die Abrechnungsmodalitäten nach der Übergangsregelung ändern werden, setzt die KVWL alles daran, dass Sie keine neue Software installieren müssen. Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie rechtzeitig informieren!
Technisch betrachtet ist ein Hybrid die Zusammenführung verschiedener Technologien; im übertragenen Sinne auch für die Kombination zweier Abrechnungssysteme, dem ambulanten und dem stationären.
Die Abkürzung DRG stammt aus dem Englischen und bedeutet „diagnosis-related groups“ (deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen). Sie bezeichnen eine dem stationären Abrechnungsbereich entstammende Abrechnungssystematik. 2003 erstmals nach australischem Vorbild in Deutschland eingeführt, dienen DRG der Zusammenfassung ähnlicher Diagnosen und ähnlichen Aufwands zu Fallgruppen.
Die Hybrid-DRG ist also eine Vergütungssystematik, bei der Vertragsärzte und Krankenhäuser für ausgewählte Leistungen die gleiche Vergütung erhalten (sog. sektorengleiche oder sektorenübergreifende Vergütung).