Praxisnetze - was Sie wissen sollten
Vernetzte Strukturen wirtschaftlich selbstständiger Praxen entstanden bereits in den 90er-Jahren. Später entwickelten sich die ersten Praxisnetze mit dem Ziel, die Kooperation zwischen den Ärzten zu intensivieren und die Qualität der Versorgung zu verbessern.
Nicht zuletzt junge Ärzte schätzen die organisierte Zusammenarbeit mit Kollegen. Dabei spielt der fachliche Austausch genauso eine Rolle wie persönliche Erwägungen, etwa der begleitete Einstieg in die Niederlassung oder die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Auch die Gesundheitspolitiker haben diese Vorteile für die Patientenversorgung erkannt und Praxisnetze in das Fünfte Sozialgesetzbuch aufgenommen (Paragraf 87b SGB V). Mit dem GKV- Versorgungsstrukturgesetz von 2012 fiel der Startschuss für die Anerkennung und Förderung.
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Anerkennung von Praxisnetzen in Westfalen-Lippe
Praxisnetze können gemäß § 87b Abs. 4 SGB V einen Antrag auf Anerkennung stellen. Auf Grundlage der KBV-Rahmenvorgabe hat die KVWL ihre Richtlinie erarbeitet. Für das Anerkennungsverfahren muss der Antrag bei der KVWL gemäß dieser Richtlinie inklusive der geforderten Nachweise gestellt werden. So müssen die Praxisnetze die nachfolgenden Strukturvorgaben und Versorgungsziele erfüllen:
Strukturvorgaben
- Größe: Praxisnetze dürfen nicht zu groß sein, da sie eine regionale Versorgungsstruktur darstellen und engen fachlichen Austausch ermöglichen sollen. Die KVWL-Richtlinie sieht deshalb grundsätzlich mindestens 20 und höchstens 100 vertragsärztliche und psychotherapeutische Praxen für ein Praxisnetz vor.
- Zusammensetzung: Um als Praxisnetz einen fachübergreifenden, interdisziplinären Zusammenschluss von Ärzten zu bilden, müssen mindestens drei Fachgruppen im Praxisnetz vertreten sein – darunter auf jeden Fall Hausärzte.
- Versorgungsgebiet: Um die wohnortnahe Versorgung gemeinsam koordinieren und abstimmen zu können, befinden sich die Netzpraxen in einem zusammenhängenden Gebiet.
- Rechtsform: Die Praxen schließen sich für ein Praxisnetz in Form einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft, eines eingetragenen Vereins oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zusammen. Zu beachten ist, dass diese Voraussetzungen bei der Antragsstellung bereits seit zwei Jahren bestehen müssen.
- Kooperationen: Da für eine umfassende wohnortnahe Versorgung die Einbeziehung anderer Gesundheitsberufe wie Logopäden und Physiotherapeuten oder auch Krankenhäuser und Pflegeheime erforderlich sind, müssen förderungswürdige Praxisnetze zumindest verbindliche Kooperationsvereinbarung für die Antragsstellung nachweisen
- Gemeinsame Standards: Für die in Praxisnetzen intensivierte fachliche Zusammenarbeit sind Standards festzulegen. Diese betreffen das Qualitätsmanagement, die Beteiligung an vereinbarten Maßnahmen zum Wissens- und Informationsmanagement sowie zur Unabhängigkeit gegenüber Dritten (z. B. Pharmaunternehmen).
- Management: Praxisnetze entstehen häufig durch das ehrenamtliche Engagement der Gründer. Ab einer gewissen Größe wird allerdings ein professionelles Netzmanagement erforderlich – vor allem für den umfangreichen Aufbau von tragfähigen Prozessen. Um anerkannt zu werden, muss das Praxisnetz deshalb über eine Geschäftsstelle, einen Geschäftsführer und ärztlichen Leiter/Koordinator verfügen.
- Anzeige der Netzneugründung bei der Ärztekammer-Westfalen-Lippe: Bei Antragsstellung muss in Westfalen-Lippe eine Anzeige (§23d Berufsordnung) gegenüber der zuständigen Ärztekammer vorgelegt werden.
- Liste der Netzmitglieder: In Westfalen-Lippe muss bei Antragstellung eine Liste der Netzmitglieder in elektronischer Form (Excel-Datei) unter Angabe der Einzelmitglieder, der jeweiligen Fachgruppe, der Betriebsstättennummer und der Anschrift eingereicht werden.
Infografik Praxisnetzte Strukturvorgaben 2023
Versorgungsziele
Eine effiziente, auf die Bedürfnisse der Patienten ausgerichtete Versorgung ist ein Merkmal, das Netze auszeichnet. Was Praxisnetze unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie für die Anerkennung durch die KVWL darlegen. Konkret geht es um diese drei Versorgungsziele:
- Patientenzentrierung: Von der Terminübergabe über die Arzneimitteltherapiesicherheit bis zum Überleitungsmanagement bei einer Krankenhausbehandlung – all das steckt hinter dem Begriff Patientenzentrierung. Es geht darum, die medizinische Versorgung, aber auch die Abläufe und Strukturen in den Praxen stärker auf die Bedürfnisse der Patienten auszurichten.
- Kooperative Berufsausübung: Von der Zusammenarbeit im Praxisnetz profitieren Patienten erheblich. Diese zu perfektionieren und ständig weiterzuentwickeln ist deshalb ein Ziel, an dem Netze gemessen werden.
- Verbesserte Effizienz und Prozessoptimierung: Mit den vorhandenen Mitteln eine bestmögliche Versorgung organisieren – das ist es, was Praxisnetze durch eine größtmögliche Effizienz erreichen können. Strukturierte Abläufe, klare Regeln, aber auch Potenzialanalysen helfen, dieses Ziel zu erreichen.