Die „digitale Patientenreise“ ermöglichen

Auf dem Weg zur digitalen Arztpraxis: Erste „Digi-Manager“-Fortbildung gestartet

Kickoff Digi-ManagerIn Fortbildungsauftakt
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Fortbildungsauftakt „hybrid“ sowohl in Dortmund als auch – wie könnte es hier anders sein – digital mit vielen online teilnehmenden angehenden Digi-Manager*innen und Ärzt*innen

Dortmund/Westfalen-Lippe, 20.04.2023. – Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) hat am Dienstag (18. April) zum ersten Mal eine Fortbildung zum „Digi-Manager“ und zur „Digi-Managerin“ gestartet. Mit dem bundesweit einmaligen Projekt werden jetzt medizinische Fachangestellte in Arzt- und psychotherapeutischen Praxen in Westfalen-Lippe zu Digitalisierungsbeauftragten qualifiziert.

Schon heute gehören die Online-Terminvergabe oder das Arbeiten mit telemedizinischen Angeboten wie der Videosprechstunde für Ärzte und Psychotherapeuten zur täglichen Arbeitsroutine. Ob datengestützte Therapie, eRezept oder elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung  (eAU) und Patientenakte (ePA): Das kleine „e“ ist unter der Überschrift „eHealth“ – „elektronische Gesundheit“ – in immer mehr Bereichen der ambulanten Medizin nicht mehr wegzudenken.

KVWL-Vorstand Thomas Müller: „Zeigen, was Digitalisierung leisten kann!“
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KVWL-Vorstand Thomas Müller: „Zeigen, was Digitalisierung leisten kann!“

„Digitalisierung ist richtig und wichtig – wenn sie einen Mehrwert für beide Seiten, für Arzt und Patient, mit sich bringt“, betont Thomas Müller, KVWL-Vorstand unter anderem für Digitalisierung, bei der Kick-Off-Veranstaltung der Fortbildung im Ärztehaus in Dortmund. „Nur mit gut geschultem Personal, das die verschiedenen Anwendungen richtig einsetzen und die digitalen Abläufe in den Praxen einschätzen kann, ist sinnvolles digitales Arbeiten möglich“, ist Müller sicher. „Um genau das zu erreichen, haben wir das Pilotprojekt gestartet und werden damit zeigen, was Digitalisierung für Praxisteams und Ärzte leisten kann.“

Maßgeschneiderte digitale Arbeitswelt

Ziel des praxisbezogenen Projekts ist es, die künftigen Digi-Manager*innen zu befähigen, den aktuellen Digitalisierungsgrad der jeweiligen Praxis zu analysieren, dabei eine eigene Digitalisierungsstrategie zu entwickeln und neue Digitalisierungsprojekte anzustoßen. Es richtet sich ausdrücklich an das nicht-ärztliche Personal in den Praxen. „Erfreulicherweise haben sich neben 94 Frauen auch sechs Männer für diese Ausbildung entschieden“, bilanziert Müller.

Die Teilnehmenden der Fortbildung investieren insgesamt rund 200 Stunden in die individuelle, maßgeschneiderte Weiterentwicklung der eigenen digitalen Arbeitswelt. Die Praxisinhaber stellen die künftigen Digi-Manager*innen hierfür frei. Im März konnten sich interessierte Praxen für einen der zunächst 100 Fortbildungsplätze bewerben - das Interesse überstieg mit über 250 Bewerbungen das Angebot deutlich, darum musste das Los entscheiden. „Wir haben viel Engagement und Enttäuschung über die Absagen gespiegelt bekommen. Darum planen wir, dieses innovative Projekt im kommenden Jahr erneut anzubieten“, bekräftigte Müller vor den über 200 vor Ort oder online teilnehmenden angehenden Digi-Manager*innen und Praxisinhaber*innen.

Praxis-Abläufe digitalisieren

Die Ausbildung der Digi-Manager*innen folgt einer Modul-Struktur, die gemeinsam mit der Akademie für medizinische Fortbildung von Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) und der KVWL sowie dem Lehrstuhl Gesundheitsinformatik der Uni Witten/Herdecke (UWH) erarbeitet wurde. Der Fokus liegt dabei in der Ausbildung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die die eigenen Praxis-Abläufe digitalisieren und Ansprechpersonen für die Digitalisierung der Patientenversorgung werden. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) fördert dieses bundesweit erstmals angebotene hochinnovative, experimentelle Pilotvorhaben aus seinem Innovationsfonds, um die Gesundheitsversorgung effektiver und zukunftsfähiger zu gestalten.

„Digitale Patienten-Reise“

Die Digi-Manager*innen bauen zunächst mithilfe von Präsenz- und Online-Veranstaltungen im „Wissensmodul“ aktuelles Digitalisierungs-Know-how auf. Im Praxismodul erhalten sie dann den praktischen Bezug zu den erlernten Inhalten. Die „dipraxis“ der KVWL im Dortmunder Ärztehaus (siehe INFO: Digitalisierungsoffensive) dient im Rahmen der Fortbildung als eine Art Labor für die Digitalisierung von Prozessen und die Auswahl digitaler Werkzeuge – mit dem Ziel, „volldigital“ zu arbeiten. Die Digi-Manager*innen werden die Patientinnen und Patienten dabei auf eine digitale „Patient Journey“ mitnehmen und sie auf dieser Reise zu den Möglichkeiten der Digitalisierung beraten, auch zur Daten-Sicherheit.

Den Kern des Praxismoduls bildet die Aufgabe, den Digitalisierungsgrad der jeweiligen Praxis mit Hilfe des digitalen Reifegradmodells der KVWL abzubilden (siehe INFO: Digitales Reifegradmodell). Die Digi-Manager*innen sollen in der Lage sein, dieses Modell auf die eigenen Praxisabläufe anzuwenden und zu analysieren, wie digital der Praxisbetrieb abläuft. Ziel hierbei ist das Erkennen von Verbesserungsmöglichkeiten. In Zusammenarbeit mit dem Projektteam erarbeiten die Digi-Manager*innen praxisindividuelle Digitalisierungsstrategien, die den Praxisbetrieb verbessern. Abschließend erfolgt eine theoretische Prüfung und eine praktische Bewertung der erarbeiteten Strategie.

„Was lohnt sich für meine Praxis?“

KVWL-Vorstand Thomas Müller ist stolz auf das Projekt: „Wir wollen damit zum einen die Fachkompetenz des Praxispersonals weiter ausbauen und zum anderen die Ärztinnen und Ärzte entlasten. Auf diese Weise eröffnen wir unseren Mitgliedern die Perspektive, digitales Arbeiten als Bereicherung und große Chance für den Praxisalltag wahrzunehmen: Welche Anpassungen und Entwicklungen sind für Ihre Praxis sinnvoll, was lohnt sich wirklich für meine Praxis?“ Es gehe hier also nicht nur um die Fortbildung von Assistenten – hier würden Digi-Manager*innen ausgebildet, so Müller, die selbstständig analysieren und Vorschläge machen sollen. „Dadurch wollen wir angesichts der Nachwuchssorgen auch das Berufsbild der Medizinischen Fachangestellten attraktiver machen“, erläutert Müller. Er prognostiziert: „Ich bin sicher, dass wir in einem Jahr bei der Umsetzung der digitalen Möglichkeiten einen großen Schritt weiter sein werden als heute.“

Digitales Reifegradmodell

Die KVWL hat in Kooperation mit der Universität Witten/Herdecke ein Reifegradmodell zur Erhebung des Digitalisierungsgrads in Praxen entwickelt. Das bereits in der Praxis bewährte Modell misst Haupt- und Nebenfaktoren anhand von fünf Kategorien: Unternehmenssteuerung, Infrastruktur, Behandlung & Therapie, Patientenlenkung und Administration. Die fünf Kategorien unterteilen sich in 50 Kriterien, die jeweils auf einer fünfstufigen Skala einzustufen sind. Die Ergebnisse werden dann anhand einer Grafik dargestellt. So erhalten die Praxen einen Überblick über ihren Digitalisierungsgrad und die Bereiche, in denen noch Verbesserungsbedarf besteht.

Digitalisierungsoffensive

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe engagiert sich seit Jahren für die Digitalisierung der Arztpraxen. Die KVWL versteht sich als konstruktiv-kritischer Begleiter, wenn es um die Digitalisierung des Gesundheitswesens geht. Dabei setzt sie sich ein für einen stärkeren Einbezug der Praxissicht sowie eine qualitätsgesicherte Entwicklung und Erprobung der Anwendungen der Telekommunikations-Infrastruktur (TI). Auch schärfere Regeln für Softwarehersteller, die für das Funktionieren von Arztpraxen immer entscheidender werden, sind ein wichtiges Anliegen. Die KVWL will zeigen, was Digitalisierung für Arztpraxen und Praxisteams leisten kann. Die Beratungsangebote zur Digitalisierung der Praxisabläufe umfassen Informationsveranstaltungen, digitale Sprechstunden zu Digitalisierungsthemen („ditalk“) und innovative Projekte, die die Versorgung verbessern sollen. Mit der „dipraxis“ hat die KVWL eine deutschlandweit einmalige Musterpraxis geschaffen getreu dem Motto „Digitalisierung zum Anfassen und Ausprobieren.“

Die Pressemitteilung zum Herunterladen: 

KVWL-Pressestelle