AdAM
Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management
Die „Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management“ (AdAM) war ein Gemeinschaftsprojekt der KVWL und der BARMER Ersatzkasse in Kooperation mit verschiedenen Universitäten in NRW und Hessen.
An AdAM haben sich von Juli 2017 bis Juni 2021 mehr als 11.000 BARMER-versicherte Patienten und 937 Arztpraxen in Westfalen-Lippe beteiligt. Das Projekt ist damit abgeschlossen.
Ziel von AdAM ist die Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten, die eine Medikation mit fünf oder mehr Wirkstoffen über wenigstens zwei Quartale hinweg erhalten. Die behandelnde Hausärztin oder der behandelnde Hausarzt erhält über eine spezielle Software (s. u.) eine strukturierte Übersicht der einzelnen Verordnungen sowie über die Verordnungen der mitbehandelnden Fachkollegen und Krankenhausdaten. Darüber hinaus kann die Hausärztin oder der Hausarzt alle Heil- und Hilfsmittelverordnungen der teilnehmenden Patientinnen und Patienten einsehen, erhält spezifische Hinweise zu Kontraindikationen, Rote-Hand-Briefe und andere AMTS-Risikowarnungen.
Hausärztinnen und -ärzte, die an AdAM teilnehmen, erhalten kostenlos eine Software des Herstellers RpDoc, die weit mehr Möglichkeiten bietet als gängige Praxisverwaltungssysteme.
(Oktober 2022) Die Ergebnisse der randomisierten klinischen Studie zur Wirksamkeit von AdAM sind ausgewertet und zeigen: Die digital unterstützte Arzneimitteltherapie vermeidet viele Todesfälle. Durch AdAM kann die durch Neben- und Wechselwirkungen bedingte Sterblichkeit von Polypharmazie-Patienten um zehn bis 20 Prozent gesenkt werden. Bei flächendeckender Anwendung könnten mit AdAM jährlich 65.000 bis 70.000 Todesfälle bundesweit vermieden werden.
An AdAM haben sich von Juli 2017 bis Juni 2021 mehr als 11.000 BARMER-versicherte Patienten und 937 Arztpraxen in Westfalen-Lippe beteiligt. Das Projekt versorgt laut dem vorliegenden Evaluationsbericht erstmals Hausarztpraxen digital mit vollständigen Routinedaten der Krankenkasse zu Vorerkrankungen und Arzneimitteln und weist Ärzte auf Risiken durch potenziell gefährliche Wechselwirkungen hin.
(23.02.2023) Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 23. Februar 2023 eine positive Transferempfehlung zum Projekt AdAM in die Regelversorgung ausgesprochen. Bitte beachten Sie für Details hierzu den veröffentlichten Beschlusstext und Evaluationsbericht.
Aus der Transferempfehlung: "Der Innovationsausschuss wird die Projektergebnisse an das BMG und die gematik GmbH weiterleiten. Verbunden damit ist die Bitte zu prüfen, ob die gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden können, um die digitale Unterstützung der Arzneimitteltherapiesicherheit in ärztlichen Praxen zu verbessern. Denn im Projekt wurden auch Hürden für eine breite Einführung identifiziert: Dazu gehört vor allem die bislang fehlende technische Interoperabilität von Systemen zur Arzneimitteltherapiesicherheit und Primärsystemen der Leistungserbringer."
Um die Arzneimitteltherapiesicherheit für Patienten zu erhöhen, muss Ärzten zum Zeitpunkt der Verordnung die Gesamtmedikation plus Hinweisen auf vermeidbare Risiken angezeigt werden. Und zwar mit digitaler Unterstützung. In der vom Gemeinsamen Bundesausschuss geförderten prospektiv-randomisierten Studie AdAM zu digital unterstütztem hausärztlichen Medikationsmanagement hat die KVWL gezeigt, dass genau das möglich ist.
Die Studienergebnisse überzeugten so sehr, dass AdAM im Herbst 2023 gleich zweimal ausgezeichnet wurde:
Die AdAM-Software hebt ausschließlich Probleme oder Konflikte hervor, die klinisch relevant sind – sortiert nach einem Ampelschema mit den Farben Rot-Gelb-Grau. Der Hausarzt erhält im Bedarfsfall Hinweise auf
- Dosierung nach Indikation, Nierenfunktion und Alter
- Arzneimittel, die für ältere Patienten potenziell ungeeignet sind
- Arzneimittelkombinationen mit erhöhtem Risiko
- Arzneimittel, die bei bestimmten Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen aufweisen
- Risiko anticholinerge Nebenwirkungen durch verordnete Arzneimittel
- Hepatotoxität von Arzneimitteln
- Patienten, die von Rote-Hand-Briefe betroffen sind
- ein Interaktionsmodul, das die Nebenwirkungen nach Organsystem aufgliedert.
Hausärztinnen und -ärzten stehen Handlungsempfehlungen zur Verfügung, die ihnen Optionen für die weitere Behandlung der Patientinnen und Patienten in ganz bestimmten Situationen vorschlagen. Diese Leitlinien wurden von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) als S2k-Leitlinie veröffentlicht. Sie werden regelmäßig aktualisiert:
S2k-Leitlinie Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität - Living Guideline