Affenpocken: Aktueller Überblick der KVWL

Seit Anfang Mai mehren sich Fälle von nicht-reiseassoziierten Fällen der Affenpocken in Europa und Nordafrika. Der erste dokumentierte Fall trat in Großbritannien im Anschluss einer Reise nach Nigeria auf. Die darauffolgenden Fälle hatten bereits keine Reiseanamnese zum westlichen oder zentralen Afrika mehr. Seither kamen Fälle in Portugal, Spanien, weiteren europäischen Ländern, den USA, Kanada und Australien hinzu. 

Die durch Affenpocken verursachte Viruserkrankung äußert sich durch Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Hauteffloreszenzen (s.u.). Die durch die westafrikanische Virusvariante verursachte Erkrankung verläuft zumeist milder als die klassischen Pocken. Die pathogenere zentralafrikanische Virusvariante wurde bei den aktuellen Infektionen außerhalb Afrikas nicht nachgewiesen. Sehr junge und/oder immungeschwächte Patienten in Endemiegebieten haben ein erhöhtes Risiko, schwer zu erkranken und möglicherweise im weiteren Verlauf zu versterben. Übertragungen erfolgen z.B. bei engem Körperkontakt, bei sexuellen Handlungen und z.B. bei Kontakt mit den Krusten oder der Bläschenflüssigkeit. 

 Offenbar vermitteln frühere Pockenschutzimpfungen einen Immunschutz. Da die Pflichtimpfungen in Westdeutschland 1975 eingestellt wurden, besteht für die danach geborenen Menschen kein Immunschutz mehr.

Wichtige Fakten auf einen Blick: Symptome, Diagnostik, Maßnahmen

Symptome 

Klinische Manifestation ca. 5-21 Tage (Inkubationsperiode) nach Infektion. 

• Fieber 

• Kopfschmerzen 

• Muskelschmerzen 

• Rückenschmerzen 

• Lymphadenopathie 

• Juckreiz 

• Müdigkeit 

• Konjunktivitis 

Manifestation der Effloreszenzen zumeist 1-3 Tage nach Fieberbeginn. Stadien der simultan auftretenden Hauteffloreszenzen bei Affenpocken über 10 Tage (nach NCDC, Nigeria 2019): 

• Makulopapulöser Hautausschlag 

• Vesikuläre Veränderungen

• Pustuläre Veränderungen

• Krustenbildung 

Betroffene Hautpartien: Gesicht, Beine, Rumpf, Arme, Hände, Genitalien, Fußsohlen, Mundschleimhaut, Konjunktiven 

Diagnostik 

Labor: 

• PCR

 • Virus-Isolation in Zell-Kulturen (Abstrich aus Läsionen, Bläschen, Pusteln, Krusten) 

Maßnahmen 

Diagnostizierte Infektionsfälle sollen systematisch erfasst und isoliert werden. Dazu melden Ärztinnen und Ärzte gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) und Labore gemäß § 7 Abs. 2 IfSG. RKI-Info: Bei einem begründeten Verdachtsfall auf eine Affenpocken-Infektion ist eine sofortige Isolierung der betroffenen Person, als auch eine intensive Kontaktnachverfolgung und Absonderung erforderlich. Bei einem Transport der betroffenen Person genügt ein normaler Infektions-Transport unter Basishygienemaßnahmen und ein Tragen einer FFP2/FFP3 Maske. Bei Hospitalisierung erfolgt eine Einzelzimmerisolierung, sofern möglich mit Schleuse. Die Behandlung der nach derzeitiger Informationslage zumeist mild verlaufenden Erkrankung erfolgt symptomatisch. Vor allem bei immungeschwächten infizierten Patientinnen und Patienten kann es zu schweren Verläufen kommen. Entsprechend steht „Tecovirimat“ (bisher nicht breit verfügbar) zur Behandlung schwerer Verläufe seit Januar 2022 in der EU zugelassen zur Verfügung. 

Pockenimpfung 

Eine Pockenimpfung schützt vermutlich auch vor Affenpocken. Bis 1975 galt in der Bundesrepublik Deutschland die Impfung für Kleinkinder verpflichtend. Mit „Imvanex“ steht in der EU ein Pockenimpfstoff zur Verfügung. Es handelt sich um einen modifizierten Lebendimpfstoff ohne replikationsfähige Viren. Er ist für über 18-Jährige ausschließlich zur Immunisierung gegen Pocken zugelassen, wird aber off Label nach Nutzen-Risiko-Analyse auch gegen Affenpocken eingesetzt. Der Hersteller gibt an, dass Imvanex in den USA und Kanada eine Zulassung für beide Indikationen habe. 

Zusammenfassung der Risikoeinschätzung des RKI (RKI vom 22.05.2022) 

Mit Stand 22.05.2022 sind in Deutschland 6 Fälle bestätigt. Weitere Fälle sind zu erwarten. Soweit bekannt erkranken die meisten Betroffenen nicht schwer. Zur Übertragung des Erregers ist nach derzeitigem Wissensstand ein enger Kontakt erforderlich, deshalb kann gegenwärtig davon ausgegangen werden, dass der Ausbruch begrenzt bleibt. Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland wird nach derzeitigen Erkenntnissen durch das RKI als gering eingeschätzt.  

(Quelle: RKI)

WHO-Empfehlung

Die WHO empfiehlt derzeit eine gesteigerte Surveillance und Aufklärung. Stand 22.05.2022 sind weltweit (USA, Kanada, Australien, Europa) mehr als 100 Fälle gesichert, zahlreiche weitere Fälle in der Nachverfolgung durch die Gesundheitsbehörden.