Neue Testverordnung: KVWL empfiehlt Praxen, vorerst keine Bürgertests vorzunehmen

Bannerbild: Frau beim Coronatest
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Das Bundesgesundheitsministerium hat die Corona-Testverordnung (TestV) geändert. Die neuen Regelungen gelten seit dem 30. Juni 2022. Änderungen gibt es u. a. beim anspruchsberechtigten Personenkreis für Bürgertestungen, die auch nicht mehr für alle kostenfrei sind, sowie bei der Vergütung von Abstrichleistungen und der Erstattung von PoC-Sachkosten.

Allerdings sind die neuen Anspruchsvoraussetzungen für Bürgertestungen ebenso detailreich wie problematisch, sodass sich die Kassenärztlichen Vereinigungen zunächst außer Stande sahen, ihrem Prüfungsauftrag weiter nachzukommen. Dies hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in einem gemeinsamen Brief mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) der Länder Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der vergangenen Woche mitgeteilt.

Das Protestschreiben führte am Montag (4. Juli) zu einem Gespräch zwischen Lauterbach und dem KBV-Vorstand, dabei konnte eine Einigung erzielt werden.

Das bedeutet: Die KVen werden weiterhin die Abrechnungen der Teststellen entgegennehmen und Auszahlungen vornehmen. Die neuen Anspruchsvoraussetzungen (s. unten) für Bürgertests müssen die KVen jedoch nicht prüfen. Zugleich wurde klargestellt, dass die KVen – solange an den Bürgertestungen festgehalten wird – für Betrugsfälle, denen falsche oder gefälschte Angaben von Getesteten oder Teststellen zugrunde liegen, weder verantwortlich sind bzw. dafür im Nachhinein verantwortlich gemacht werden können.

Wichtig: Die Kassenärztliche Vereinigung empfiehlt allen Vertragsärztinnen und Vertragsärzten, vorerst keine Bürgertests nach der neuen Corona-Testverordnung vorzunehmen. Die Frage der Abrechnung und der Vergütung der Leistungen ist nach wie vor nicht abschließend geklärt. Kurative Tests bei Personen mit Corona-Symptomen sind davon unbenommen und können weiterhin wie gewohnt abgerechnet werden.

So sind Bürgertestungen nach § 4a in der neuen TestV geregelt

Anspruch auf kostenlose Corona-Tests mittels zertifizierten PoC-Antigentest haben seit dem 30. Juni nur noch folgende asymptomatischen Personenkreise:

  • Kinder bis zum 5. Geburtstag
  • Schwangere im ersten Schwangerschaftsdrittel
  • Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation zum Zeitpunkt der Testung nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können oder in den letzten drei Monaten vor der Testung nicht geimpft werden konnten
  • Personen, die zum Zeitpunkt der Testung an klinischen Studien zur Wirksamkeit von Impfstoffen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 teilnehmen oder in den letzten drei Monaten vor der Testung an solchen Studien teilgenommen haben
  • Personen, die sich zum Zeitpunkt der Testung in Absonderung befinden und sich zur Beendigung der Quarantäne freitesten wollen

Besucherinnen/Besucher und Behandelte oder Bewohnerinnen/Bewohner in unter anderem folgenden Einrichtungen:

  • Krankenhäuser
  • Rehabilitationseinrichtungen
  • stationäre Pflegeeinrichtungen
  • Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen
  • Einrichtungen für ambulante Operationen
  • Dialysezentren
  • ambulante Pflege
  • ambulante Dienste oder stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe
  • Tageskliniken
  • Entbindungseinrichtungen
  • ambulante Hospizdienste und Palliativversorgung
  • Leistungsberechtigte Pflegebedürftige sowie pflege- oder hilfsbedürftige Menschen mit Behinderung in der eigenen Häuslichkeit, die Personen im Rahmen eines „Persönlichen Budgets“ nach § 29 SGB IX Personen beschäftigen sowie diese beschäftigten Personen
  • Pflegepersonen, z. B. pflegende Angehörige
  • Personen, die mit einer mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Person in demselben Haushalt leben.

Sorgfältige Dokumentation erforderlich

Sollten Sie sich entscheiden Bürgertestungen bei diesem Personenkreis vorzunehmen, ist eine sorgfältige Dokumentation des Ausnahmegrundes erforderlich. Hierzu können Sie beispielsweise das Dokument vom NRW-Gesundheitsministerium nutzen.

Darüber hinaus haben folgende Personenkreise Anspruch auf Bürgertests, wenn Sie einen Eigenanteil in Höhe von drei Euro an den Leistungserbringer entrichten:

  • Personen, die am selben Tag eine Veranstaltung in einem Innenraum besuchen werden
  • Personen, die am selben Tag zu einer Person Kontakt haben werden, die das 60. Lebensjahr vollendet hat oder aufgrund einer Vorerkrankung oder Behinderung ein hohes Risiko aufweisen, schwer an COVID-19 zu erkranken
  • Personen, die durch die Corona-Warn-App (CWA) des Robert Koch-Instituts eine Warnung mit der Statusanzeige „erhöhtes Risiko“ erhalten haben (rote Warnmeldung)

Die TestV sieht die Möglichkeit vor, dass die Länder den Eigenanteil ihrer Bürgerinnen und Bürger übernehmen können. Nach unseren Informationen ist dies in Nordrhein-Westfalen nicht vorgesehen.

Nachweise erforderlich

Personen, die auf dieser Grundlage einen Bürgertest in Anspruch nehmen wollen, müssen ihre Anspruchsberechtigung gegenüber dem Leistungserbringer nachweisen. Dazu zählt zum Nachweis der Identität ein amtlicher Lichtbildausweis oder, soweit die zu testende Person das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein sonstiger amtlicher Lichtbildausweis (Kinderreisepass, Schülerausweis). Wer aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden kann, muss dies durch ein ärztliches Zeugnis im Original nachweisen. Schwangere können auch den Mutterpass vorzeigen. Personen, die mit einer mit COVID-19 infizierten Person in einem Haushalt leben, benötigen als Beleg deren Testergebnis und ein Nachweis der übereinstimmenden Wohnanschrift. Bei Besuchen in Pflegeheimen oder Krankenhäusern kann ein kostenloser Test vor Ort gemacht werden oder der Besuch wird der Teststelle gegenüber glaubhaft gemacht. Das BMG stellt auf seiner Internetseite ein Musterformular zur Verfügung, das nach Bestätigung durch das Pflegeheim zur Vorlage bei der Teststelle oder in der Praxis genutzt werden kann: Musterformular Pflegeheim-/Klinikbesuch

Anspruchsberechtigte mit Eigenanteil können ihren Anspruch z. B. durch Vorzeigen einer Eintrittskarte für eine Veranstaltung oder der CWA-Meldung nachweisen. Bei Kontakten mit Risikopatienten ist eine Selbstauskunft darüber abgeben, dass die Testung zweckgemäß und unter Eigenbeteiligung in Höhe von drei Euro durchgeführt wurde.

Reduzierte Vergütung für Abstrich und Sachkosten

Eine weitere Änderung der TestV betrifft die Vergütung für die Durchführung der PoC-Antigentests (Abstrich) und die Pauschale zur Erstattung der Sachkosten. Beides wurde reduziert. Für die Durchführung eines Tests sind nur noch sieben Euro (vorher: acht Euro) abrechenbar; wird von der zu testenden Person der gesetzliche Eigenanteil entrichtet, sinkt die anrechenbare Vergütung des Leistungserbringers auf vier Euro. Die Sachkostenpauschale beträgt künftig 2,50 Euro (vorher 3,50 Euro). Die Vergütung bei überwachten Antigen-Tests zur Eigenanwendung und für ein Gespräch zur Feststellung von Kontaktpersonen beträgt weiterhin fünf Euro.

BMG: Fragen und Antworten zu COVID-19-Tests