KVWL fordert: Reform-Nachteile beseitigen, Teampraxen stärken
Gesundheitskongress des Westens: Ambulante Finanzreform noch nicht ausgereift
Dortmund/Köln, 17.04.2024. „Praxisteams müssen angemessen vergütet werden, um einen Praxenkollaps zu verhindern“, forderte Dr. Dirk Spelmeyer heute (17. April) beim Gesundheitskongress des Westens (GdW) in Köln. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sagte: „Der ambulante Bereich hat die angekündigte Stärkung bitter nötig. Es ist gut, dass sich etwas tut, aber es ist dem Bundesgesundheitsminister noch immer nicht gelungen, die richtigen Anreize für eine bedarfsgerechte Vergütung zu setzen. Die Reform ist in vielen Punkten nicht zu Ende gedacht, schlecht umsetzbar und für kleinere Praxen finanziell nachteilig.“
Der KVWL-Chef sprach bei der Podiumsdiskussion „Reform der Vergütungssystematik im ambulanten Bereich“ über den jüngsten Entwurf des Gesundheits-Versorgungs-Stärkungs-Gesetzes (GVSG). Dieser gehe in die richtige Richtung – „aber jetzt müssen auch Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die Entbudgetierung muss jetzt bei den Hausärzten wirklich kommen und bei den Fachärzten perspektivisch folgen. Alle erbrachten Leistungen müssen bezahlt werden – das würde doch keine andere Berufsgruppe mitmachen, am Ende eines Quartals oder eines Jahres für lau arbeiten!“ Problematisch sei vor allen Dingen, dass strukturelle Änderungen wie die Einführung der Jahrespauschale und der Vorhaltepauschale wieder einmal ohne die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel erfolgen sollen. „Dass das nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand. Ohne zusätzliches Geld werden solche Vergütungsanreize zwangsläufig zu einer Umverteilung führen – zu Lasten kleinerer Praxen“, sagte Spelmeyer.
Gravierende Nachteile
Der Gesetzentwurf enthalte immer noch gravierende Nachteile für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Die geplante Strukturpauschale für Hausärzte soll es zum Beispiel künftig nur für Hausarztpraxen geben, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen wie erweiterte Öffnungszeiten abends und an Samstagen. „Das aber ist vielen kleineren Praxen aus Personalmangel nicht möglich. Wenn ihnen diese Vorhaltepauschale verweigert wird, werden viele schließen müssen. Und dann können die betroffenen Patienten nicht mehr versorgt werden, dann bricht da wirklich etwas weg. So kann man weder die Patientenversorgung verbessern noch medizinischen Nachwuchs für eine Tätigkeit in der Niederlassung begeistern“, sagte Spelmeyer.
Neues Einschreibemodell notwendig
Falsche Anreize im System führten derzeit zu einer Masse von Quartalsleistungen. „Wir müssen in der Tat wegkommen von der Praxis der Wiedereinbestellung“, sagte Spelmeyer. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat jedoch festgestellt, dass die geplante Umstellung von Quartals- auf Jahrespauschalen für die Praxen gerade bei betreuungsintensiven Patienten finanzielle Nachteile mit sich bringt. „Die Umsetzbarkeit der Reform setzt ein funktionierendes Einschreibesystem voraus. Wie die Abrechnung der Versorgungspauschale ohne ein neues Einschreibemodell erfolgen soll, ist uns vollkommen schleierhaft“, so Spelmeyer.
Teampraxen-Zuschlag gefordert
Alternativ sei die Abschaffung der verpflichtenden Vorgabe des persönlichen Arzt-Patienten-Kontaktes denkbar. Stattdessen sollte ein Praxis-Patienten-Kontakt ausreichen, um die Versichertenpauschale abzurechnen, forderte Spelmeyer. Funktionierende Beispiele seien das Folge-E-Rezept, die Facharztüberweisung und die elektronische Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (eAU). Dadurch würde auch der Teampraxis-Gedanke gefördert. „Die Vergütung muss sich am tatsächlichen Bedarf der Praxen orientieren. Wir schlagen einen Teampraxen-Zuschlag vor, um die Ärztinnen und Ärzte zu entlasten: Wir müssen endlich dazu kommen, das qualifizierte Personal von Teampraxen auch entsprechend zu entlohnen.“ – sk