„Physician Assistants sind ein Stützpfeiler künftiger Delegation“

KVWL-Vorstand fordert Vergütung für Teampraxen

Dr. med. Volker Schrage, 2. Vorsitzender der KVWL
© Lars David Neill

Dortmund/Köln, 17.04.2024. „Die Teampraxis – wie kann Patientenversorgung auf ein neues Level gehoben werden“ hieß es am heutigen Mittwoch (17. April) im Rahmen einer Podiumsdiskussion beim Gesundheitskongress des Westens (GdW) in Köln. Welche neuen Berufsbilder braucht es dafür? Und welche Anreize muss der Gesetzgeber schaffen? Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), bezog deutlich Stellung: „Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren und müssen jetzt schnell und entschieden handeln! Denn die Sicherstellung der ambulanten Versorgung – insbesondere bei den Hausärzten – steht unter einem enormen Druck. Wir benötigen noch mehr Delegation, mehr Entlastung. Ansonsten droht uns ein Praxenkollaps.“

Die Ausgangslage ist bekannt: Die Zeit ist bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zu einer knappen Ressource geworden. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und lauten unter anderem: Bürokratie-Wahnsinn, Nachwuchs- und Fachkräftemangel, ein erhöhter Behandlungsbedarf aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung der Patientinnen und Patienten sowie das hohe Durchschnittsalter derjenigen, die zurzeit eine eigenständige Praxis betreiben.

„Am Modell der Teampraxis führt kein Weg mehr vorbei“

„Der demografische Wandel macht sich in der Ärzteschaft immer stärker bemerkbar, 40 Prozent der Hausärztinnen und Hausärzte in Westfalen-Lippe sind über 60 Jahre alt. Uns fehlen derzeit allein 240 Hausärzte, um überall von einer hundertprozentigen Versorgungsquote sprechen zu können. Der Versorgungsdruck ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen, darum muss eine noch stärkere Delegation in den Praxen stattfinden. Wir müssen die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen, am Modell der Teampraxis führt kein Weg mehr vorbei. Denn anders ist die tägliche Patientenversorgung nicht mehr zu schaffen“, erklärte Dr. Volker Schrage.

Für eine zukunftsgerechte Versorgung brauche es eine neue und individuelle Arbeitsverteilung in den Praxen. Dr. Schrage: „Schon heute entlasten viele qualifizierte Medizinische Fachangestellte die Ärztinnen und Ärzte, übernehmen zahlreiche Aufgaben im Arbeitsalltag. Ein weiterer Stützpfeiler künftiger Delegation sind Physician Assistants. Das zeigen schon jetzt die ersten Ergebnisse aus unserem Modellprojekt.“

Positive Halbzeit-Bilanz

Gemeinsam mit der Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik Rheine (EUFH Rheine) und der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants e. V. (DGPA) hatte die KVWL im vergangenen Jahr ein zweijähriges Modellprojekt gestartet. Es soll wissenschaftlich belegen, welche Vorteile der Einsatz von Physician Assistants in der ambulanten Versorgung bietet. Die Halbzeit-Bilanz des Projekts, das kürzlich in Berlin den Fachpreis „Ausgezeichnete Gesundheit – Exzellente Beispiele ambulanter Versorgung“ erhielt, ist schon jetzt beachtlich. Denn das Fazit der teilnehmenden Praxen ist äußerst positiv: Es gibt keine Akzeptanzprobleme seitens der Patienten, schon im ersten Quartal des Projekts konnten Physician Assistants bis zu 20 Prozent der Patientenkontakte übernehmen – Tendenz steigend.

Dr. Schrage: „Das Modell zeigt schon jetzt sehr deutlich, wie stark Physician Assistants die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen entlasten können. Die Politik muss daher dringend entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, damit der Einsatz wirtschaftlich ist und eine Teampraxis in der Versorgungsrealität bestehen kann. Mit Blick auf die Abrechnung muss die verpflichtende Vorgabe eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontaktes abgeschafft werden. Das sind falsche Anreize, die inzwischen aus der Zeit gefallen sind. Ein Praxis-Patienten-Kontakt reicht an vielen Stellen sicherlich aus. Wir fordern daher eine Vergütung für Teampraxen, die Leistungen müssen angemessen honoriert werden!“

Ausführliche Informationen zum Modellprojekt Physician Assistants finden Sie auf unserer KVWL Themenseite.

KVWL-Pressestelle